Woman wearing merino base layer deciding if she want to take her merino mid layer

Die Gewichtung ist der schwierigste Teil

Sie wissen nicht, welche Merinostärke die richtige ist? Ein Leitfaden für Einsteiger zu Merino-GSM und wann man sie verwenden sollte.


VON: MARK COHEN • Technologien • bearbeitet am 24.04.2024


Schliess die Augen und denk an deinen perfekten Trailrun. Für mich ist das Ende April, kurz vor der Dämmerung. Ich befinde mich auf einem Parkplatz – vermutlich in der Nähe von Alpthal in der Schweiz. Der Himmel beginnt sich bereits zu verfärben und es ist kühl, aber nicht kalt. Ich schalte meine Stirnlampe ein und laufe die ersten drei Kilometer auf einem Schotterweg, bevor es einige hundert Meter steil bergauf geht und ich gerade noch den Sonnenuntergang über dem Grossen Mythen erwische. Die nächsten 90 Minuten muss ich an nichts anderes denken, als einen Fuss vor den anderen zu setzen. So fühlt sich Glück an. 


Versetz dich jetzt – immer noch mit geschlossenen Augen – in diesen Moment. Welche Kleidung trägst du auf diesem Lauf? Es hat um die 6 Grad, und du tendierst in jeder Jahreszeit zu Funktionskleidung aus Naturfasern. Ziehst du ein leichtes, eng anliegendes Oberteil und darüber weitere Schichten an? Vielleicht einen synthetischen Base Layer aus unserer X-Light-Reihe kombiniert mit einem schwereren Mid Layer aus Merinowolle, sagen wir mit 200 g/m² Warengewicht? Leichter? Schwerer?


Dank ihrer Vielseitigkeit gilt Merinowolle schon seit Jahren als das Wunderkind unter den Materialien. Ob als Teil eines Materialmixes oder zu 100 % aus Merinowolle, ob beim Wandern, Laufen, Skifahren oder im Alltag – deine Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Da Merinowolle aber, wie der Name schon sagt, Wolle ist, wird sie in verschiedene Gewichtsklassen oder Grammaturen eingeteilt, die jeweils für unterschiedliche Aktivitäten und Temperaturen geeignet sind. Aber welches Gewicht passt wann? Und, was noch (ge)wichtiger ist, was passt zu dir?


Das Warengewicht – was ist das?

Das Gewicht von Merinowolle wird auch als Grammatur oder Warengewicht bezeichnet und in Gramm pro Quadratmeter (g/m²) angegeben. Je höher die Zahl, desto schwerer und wärmer das Kleidungsstück – und umgekehrt. Merinokleidung mit einem geringeren Warengewicht ist für höhere Temperaturen im Frühjahr, Sommer und Herbst konzipiert, während schwerere Teile für kältere Klimazonen, den Winter und das Arbeiten im Freien gemacht sind.


Im Winter, wenn uns die Wolle Komfort und Performance bieten soll, empfiehlt sich ein Warengewicht von mindestens 200 g/m². Im Sommer sind 130 g/m² üblich: leicht, luftig und atmungsaktiv. Reiner, natürlicher Komfort. Aber wofür sollst du dich entscheiden?   

Merinokleidung mit 130 bis 150 g/m²

In der Welt der Wolle gilt dieses Warengewicht als leicht oder gar luftig. 130 bis 150 g/m² schwer (bzw. leicht) sind Shirts oder Boxershorts, die du im Alltag trägst. Sie fühlen sich angenehm weich auf der Haut an. Je nach Farbe und Webart kann das Kleidungsstück sogar etwas durchscheinend sein, aber auf keinen Fall durchsichtig.


Leichte Merinowolle hat viele Einsatzzwecke: als T-Shirt im Alltag (je nach Schnitt), als Base Layer beim Wandern oder sogar als Shirt oder Base Layer zum Laufen (abhängig davon, ob du natürliche oder synthetische Fasern bevorzugst und auch, ob dir von Natur aus eher warm oder kalt ist). Wolle transportiert Feuchtigkeit nicht ganz so schnell ab wie synthetische Fasern, ist aber atmungsaktiv und lässt Dampf entweichen – in ihrem eigenen Tempo und mit ihren eigenen Dispersionseigenschaften. Das wirklich Schöne an diesen leichten Grammaturen ist ihre Vielseitigkeit: Am Montag kannst du dein Merino-Shirt im Büro tragen und am Dienstag darin einen Berglauf machen. Aufhängen, trocknen, weiter geht’s. Du wirst erstaunt sein, was Merinowolle alles kann!


Hier siehst du ein Beispiel für leichte Funktionsbekleidung mit Merino-Anteil. Vom Laufen über das Wandern bis hin zum Alltag: Deine superleichte Merinokleidung begleitet dich immer und überall. 

Merinokleidung mit 190 bis 220 g/m²

Das ist die mittlere Gewichtsklasse, wenn es um Merinowolle geht: warm genug zum Skifahren und Snowboarden, aber dennoch kühl genug, wenn du einfach nur nach langer Merino-Unterwäsche für klirrend kalte Wintertage suchst. Das Material ist immer noch durchscheinend, aber nur einen Hauch. Es fühlt sich etwas dicker und wärmer an – die perfekte Isolationsschicht.


Für meinen Trailrun in Alpthal – meinen idealen Trainingslauf – würde ich wahrscheinlich dieses Merinogewicht wählen: dick genug, um mich zu wärmen, aber dennoch atmungsaktiv genug, damit ich bei einem Puls um die 160 nicht überhitze. In Kombination mit einem Windbreaker könnte es mit diesen zwei Schichten sogar zehn Grad kälter sein, ohne dass ich zu frieren beginne. Nach dem Lauf hänge ich meine Merinokleidung zum Trocknen auf und kann sie bei meinem nächsten Outdoor-Abenteuer wieder anziehen. Zum Vergleich: Schwere Baumwoll-T-Shirts haben wahrscheinlich ein ähnliches Quadratmetergewicht, aber in Bezug auf die Leistung ganz andere Eigenschaften. Hier ein Beispiel für ein Base-Layer-Set aus 200 g/m² schwerer Merinowolle:

Merinokleidung ab 260 g/m²

Wenn du viel im Freien arbeitest, beim Sport häufig zu frieren beginnst oder einfach nur die Wärme, den Komfort und die natürliche Performance schwerer Merinowolle zu schätzen weisst, dann ist das die ideale Gewichtsklasse für dich. Schwere Merinokleidung spendet dir jede Menge Wärme, wenn du dich nicht bewegst, ist aber gleichzeitig mit jeder Faser für die Action bereit, solltest du plötzlich Tempo machen (bis zu einem gewissen Grad – manchen wird beim Skitourengehen oder Laufen zu warm). Sie ist nach wie vor atmungsaktiv, liegt angenehm weich auf der Haut und wirkt von Natur aus wärmeregulierend und geruchshemmend, aber der Stoff ist spürbar dicker und wärmer als die zuvor beschriebenen Gewichtsklassen.


Dieses Warengewicht ist ideal für kalte Tage auf der Piste, windige Winterwanderungen oder gemütliche Abende vor einem wärmenden Feuer. Du kannst ihn wahlweise mit oder ohne Base Layer tragen; das Ergebnis ist das gleiche: jede Menge Wärme und Komfort.  

Grenzenlose Abenteuer

Was auch immer du in den Bergen oder allgemein im Freien trägst, das Experimentieren mit Merinokleidung ist ein Spiel mit dem Möglichen. Du steigst den ganzen Winter über nicht vom Fahrrad? Deine Merinokleidung fährt mit. Du läufst in der Hitze? Deine Merinokleidung läuft mit. Du bist jeden zweiten Tag auf der Piste anzutreffen? Ja, auch hier begleitet dich deine Funktionskleidung aus Merinowolle. Deinen Abenteuern sind keine Grenzen gesetzt. Noch dazu macht Merinokleidung in Sachen Stil und Eleganz einiges her: Für mich ist es dieses gewisse Mass an Raffinesse und Performance, das mich vor rund zwanzig Jahren bekehrt hat. Und das wird sich so schnell nicht ändern. 

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